Frühstück brauchten wir nach dem gestrigen Überangebot keines mehr und starteten deshalb gut ausgeschlafen mit DJ unseren Halbtagesausflug. Wir hielten an mehreren Wats und durften immer wieder Mal Kleinigkeiten am Straßenrand snacken.


Ein Wat hatte eine besonders traurige Vergangenheit. Hier wurden während der Terrorherrschaft Pol Potts in verschiedenen Gebäuden Leicht- und Schwerverbrecher (was auch immer das geheißen haben will während dieses Bürgerkriegs) gefangen gehalten und die Tempel damit entwürdigt. Auch hier gab es Folter und systematischen Mord; circa 10400 (laut Schild) bzw. 14000 (laut DJ) Menschen wurden hier umgebracht. Das ist durch Dokumente belegt. Überreste wurden von 10008 Menschen gefunden. Besonders bizarre Züge gab es auch bei der Folter: Gefangenen wurden Löcher in die Hände gebohrt und dann mit einem Seil durch dieses Loch aneinandergekettet und gefesselt. Weitere Details und Methoden lasse ich an dieser Stelle Mal weg. Unweit davon wurde am 'Killing Well' ein Denkmal gebaut, das einige der gefundenen Knochen und Schädel - durch Glas sichtbar - beherbergt. Am Sockel sind mit Reliefs zahlreiche Folter- und Hinrichtungsmethoden dokumentiert. Dieses Denkmal haben wir übrigens nur gefunden, weil jemand am Eingang einen Cache platziere; der Wächter grinste wohl wissend während wir versuchten, unauffällig danach zu suchen.

Generell scheinen uns die Gräueltaten der roten Khmer in jeder Provinz und bei jeder Führung irgendwo zu begleiten und jedes Mal findet man einen neuen Aspekt der Brutalität der einen sprachlos macht. Aber zurück zum Tempel und heute: das traurige Kapitel der Geschichte wurde zwar in ein Denkmal und eine kleine Galerie schrecklicher Bilder gegossen, aber heute wird die Anlage wieder friedlich genutzt. Es gibt Gebäude wo die Mönche wohnen, andere wo die Nonnen Leben, einen von Algen bedeckten Fischteich, uniformierte Schulkinder radeln durch die Anlage und ein paar Meter weiter treffen sich Menschen zum Gebet. Auf den Wegen rund um den Tempel wird die Reisernte am Boden getrocknet (witzigerweise stört sich der Bauer nicht daran, dass gelegentlich TukTuks meterweise darüber fahren) und der Fischteich mit frischem Wasser geflutet.


Bereits vor diesem Tempelbesuch machten wir halt bei einer unscheinbaren Hütte am Straßenrand. In der Mitte befindet sich ein langer Glutofen und darauf zahlreiche Stücke von Bambus aufgestellt aneinandergereiht. DJ erklärt uns, dass hier ein einfacher Snack zubereitet wird. Die Bambusrohre werden gereinigt und mit StickyRice, Kokosmilch, roten Bohnen und Zucker gefüllt, dann mit einem Bananenblatt verpfropft und gegrillt. Anschließend wird das relativ dicke Bambusrohr so abgehackt, dass nur noch eine hauchdünne Schale übrig bleibt und so verkauft. Prädikat: lecker und #NoWaste.


Nach dem Tempel hielten wir bei einem Stand, der hauchdünne Bananenscheiben in der Sonne trocknen lässt und dann noch kurz über Feuer anbratet. Alles Handarbeit!

Während wir vom Roh- bis zum Endprodukt alles verkosteten, bekamen wir noch drei verschiedene Bananensorten zugesteckt und waren schon wieder ziemlich satt. In Kambodscha gibt es übrigens um die 20 Bananensorten.


Ein weiterer Stop war eine Hütte mit frischen und frittierten Frühlingsrollen. Highlight hier: das Reispapier wird - für jeden sichtbar - in Handarbeit hergestellt.

Hier hatten wir übrigens unsere bisher besten Frühlingsrollen der bisherigen Reise und die Hütte scheint völlig zu Recht ein Touristenhotspot zu sein. Auf nur zwei größeren Tischen saßen gefühlt mehr Touristen als wir in ganz Battambang bisher gesehen haben.


Leider wurden wir nicht zur versprochenen Reiswein Produktion gebracht. Entweder hatte die zu, unser Guide keine Lust.. oder eventuell nur ein bisserl Stress, weil er rechtzeitig zurück sein wollte um die nächsten Touristen für Tagestouren anzuwerben. Dafür ging es am Ende noch zu einem Tempel aus der Angkorperiode. Zugegebenermaßen sind wir davon zwischenzeitlich schon ein bisserl gesättigt und diese Ruine war schon ziemlich zerfallen, die Geschichte dazu kaum erforscht und auch sonst lieferte sie für uns keine neuen Aspekte. Dafür war das vorgelagert Wat sehr imposant und mit wunderschönen Malereien ausgestattet.


Bereits zu Mittag wurden wir dann zurück in die Stadt gefahren und verabschiedeten uns von DJ. Die Zeit nutzten wir gleich für einen Marktbesuch um Obst zu kaufen. Gleich starteten wir eine ältere Dame an, welche ausschließlich grüne Orangen (dafür ist Battambang bekannt) verkaufte. Sonderlich interessiert war sie aber nicht und gab uns zu verstehen, dass sie kein englisch spricht. Ihr war wahrscheinlich nicht ganz bewusst, dass wir keinen Diskurs über englische Literatur des 16. Jhd. halten wollten, sondern lediglich 2-3 Orangen kaufen. Aber nun gut, der Nachbarstand war einladender und hatte eine breite Palette frischer Früchte. Wir nahmen also Mangosteen, Ramputan, Tamarind und grüne Orangen. Der Verkäufer legte alles Gruppe für Gruppe auf die Waage, murmelte einen magischen Zauberspruch und verlangte einen horrenden Betrag. Wir schauten nur verdutzt, er gab uns einen kleinen Discount und da wir keine Ahnung hatten, wieviel das wirklich kostet, zahlten wir für die 1,5 - 2 Kilo fünf Dollar. Vermutlich ein gutes Eck zuviel, aber gerade Mangosteen sind wirklich sehr teuer und er legte uns netterweise noch ein Büschel Longan oben drauf.


Im Anschluss flüchteten wir in ein nahegelegenes Kaffee und bestellten einen Eiskaffee, Café Latte und einen Kaffee mit Rosensirup. Für Bestellungen über 5$ Dollar gab es sogar einen Weihnachtsrabatt von 10%. Die junge Frau am Tresen summierte die Preise auf: 7,25$. Wir wiesen sie auf den Rabatt hin, sie subtrahierte 10 und wunderte sich über einen Preis von -2,75. Nochmal wurde alles eingegeben und nach kurzer Zeit holte sie Hilfe von ihrer Schwester, welche das Rätsel schnell gelöst hatte: einfach 0,1 abziehen. Ich korrigierte auf 6,50$, sie lächelten und wir zahlten. Die Kaffees wurden mit perfektem LatteArt serviert und der besten Crema seit langem. Begeistert stellten wir fest, dass der Besitzer zertifizierter Baristatrainer ist und wir hatten Kopfkino. In Phnom Penh ist eine Academy. To be continued?


Dann stand unser letzter Fixpunkt auf dem Programm. Der Zirkuscampus ist in Battambang und bietet täglich Führungen an. Hier werden vorzugsweise Kinder aus armen Familien oder schwierigen Verhältnis aufgenommen. Es gibt einen Kindergarten und Unterricht bis College (die ältesten Studenten sind um die 20). Im Unterricht kann man sich spezialisieren: Artistik, klassische Musik, moderne Musik, Kunst, Computerprogramme. Die Jobaussichten nach Abschluss sind äußerst gut. Ein ehemaliger Schüler führte uns begeistert durch die verschiedenen Klassenräume und Bereiche. Lisbeth wurde kurzerhand auf einer Krapeu, einer auf dem Boden liegenden dreisaitigen Zitter, eingeschult.


Dutzende Kindergartenkinder freuten sich über die Besucher und grüßten in Chören, sodass es teilweise schwer fiel, den Erklärungen des Guides zu folgen. Am Ende gab es noch eine Ausstellung in der nach Jahrgängen sortiert die Werke der Schüler präsentiert wurden und bereits die Werke nach dem ersten Jahr ließen uns staunen. Lisbeth hätte sich für eines der Bilder interessiert (der Guide sagte schon vorher, dass die Bilder auch gekauft werden können), aber es konnte kein Preis genannt werden. Hier gibt es einen Prozess: potentieller Kunde interessiert sich, Lehrer wird informiert, bespricht mit Schüler, was er verlangen sollte und der Preis geht über ein Büro zurück zum Kunden und kann insgesamt Tage dauern. Damit ist das Interesse schnell wieder versiegt, aber der gute Eindruck über dieses Projekt Phare Circus wurde sehr bestärkt. Es wurde übrigens in den Neunzigern von einer französischen Künstlerin begründet und das allererste Gebäude steht noch hier auf dem Gelände.


Am späteren Nachmittag schlenderten wir nur noch ein bisserl durch die Stadt und verkosteten die vielen Früchte. Nur mit den Tamarind wussten wir nichts anzufangen: das Fleisch war gelb und hatte eine andere Konsistenz als gewohnt. Eine Internetrecherche gab keine Aufschlüsse. Während wir uns überlegten, was wir mit diesen tun sollten, kam eine Bettlern auf uns zu, die sich über einen Sack Tamarinden und einer grünen Orange freute. Letztere waren übrigens nicht besonders aufregend: wenig intensiv und süß im Geschmack, erinnern sie eher an größere, 'ältere' Mandarinen.


Am frühen Abend waren wir dann wieder im Hotel, da hier ein Pubquiz angekündigt wurde. Leider waren wenig Leute im Barbereich und auch diese verließen die Unterkunft, sodass wir bald alleine waren und das Quiz Mangels Konkurrenz ausfiel. Schade, aber dafür hatten wir mehr Zeit zum Recherchieren wie es nun weiter geht.


-- Gregor