An diesem ruhigen Ort besteht keine Hektik. Unser Tourstart wurde von 09:00 auf 09:30 verschoben. Während wir am Frühstückstisch warteten, setzte sich ein anderer TukTuk Fahrer an unseren Tisch und kannte bereits unsere Namen. Es war der zweite Fahrer den Lisbeth im Vorfeld angeschrieben hatte und er wusste natürlich auch, dass wir dann (auf seine nichtssagende Nachricht) nicht zurückgeschrieben hatten. Aber es war okay für ihn, weil unser Fahrer Vanny eh sein Freund ist. Wir haben gelernt, dass wir künftig keine Fahrer mehr vorher anschreiben, weil das einfach zu unangenehmen Situationen führt. Er erzählte uns noch, dass momentan viel los sei, da circa 20 Touristen im Ort sind; oft sind nur ein paar wenige bis gar keine. Schade eigentlich, weil es hier ein paar beeindruckende Dinge zu sehen gibt. Nachdem wir am Vortag die Sonnenfinsternis aus Unkenntnis verpasst hatten, gab es heute ein neues Naturschauspiel: es war ziemlich nebelig und etwas kälter als üblich, sodass das Wasser in der Luft kondensierte und sich wie feiner Nieselregen anfühlte. Weder Vanny noch der andere TukTuk Fahrer haben das in den Jahren seit sie dort leben jemals gesehen. Wir genossen jedenfalls Mal diese leichte Abkühlung und die dadurch mystisch wirkenden Landschaften. Im Laufe des Vormittags wich der Nebel der immer höher steigenden Sonne.


Unser erster Stop war heute eine Töpferei. Hier werden eine Art Feuertöpfe aus Ton hergestellt, welche traditionell zum Kochen verwendet werden. Dabei ist wieder Mal jeder Schritt Handarbeit. Bis auf ein paar einfache Werkzeuge wie bspw. Formen kommt keine Technik zur Anwendung. Selbst der Ton wird von den Töpfereien eigenständig abgebaut und mühsam vorbereitet. Wenn man die Töpfe hier genau ansieht, dann kann man immer wieder glänzende Stellen finden. Laut unserem Guide ist das Gold, welches beim Brennen zum Vorschein tritt und der Grund dafür, warum der nahegelegene Hügel Golden Hill heißt. Darauf wurden auch schon die Chinesen aufmerksam, ließen Bodenproben nehmen und versuchen momentan den Hügel zu kaufen bzw. zu leasen. Ob die Regierung zustimmen wird, ist nicht nicht klar. Klar ist jedoch, dass es die Lebensgrundlage der anliegenden Töpfereien nehmen bzw. erschweren würde.


Im Anschluss sahen wir uns eine moderne Töpferei an. Hier wird das Töpfern nach europäischem Vorbild betrieben, auch wenn die Drehscheiben für kleinere Produkte immer noch mit dem Bein betrieben werden. Und wir durften sogar vorzeigen, was wir in den zwei Töpfer Kursen (Malaysia und bitte kurzem in Siem Reap) gelernt hatten: quasi nichts. Wir versuchten zu formen, die Besitzerin korrigierte das Werk, wir formten, sie korrigierte und am Ende hatten wir eine Schüssel bzw. Vase geschaffen.


Die letzte besuchte Töpferei stellte in traditioneller Art und Weise riesige Tonkrüge her. Drehtische gibt es hier keine; die Künstlerin bewegt sich selbst um den Teller, während sie den Krug mit einfachsten Werkzeugen formt und verziert.

Die Krüge werden in vier aufwendigen Schritten hergestellt. Zwischen je zwei Schritten wird das Zwischenprodukt mehrere Stunden in der Sonne getrocknet. Am Ende wird der Krug noch mit einem Kamm verziert bzw. sogar signiert, da jeder Töpferfamilie ihr eigenes Muster hat. Pro Tag schafft sie üblicherweise um die 7 Töpfe, welche dann um je 2$ verkauft werden (wir konnten übrigens widerstehen). Ich durfte übrigens ebenfalls einen Topf verzieren, sowie als Marktschreier verkleidet zwei Töpfe an einer Stange tragen.


Nach den ganzen Einblicken in das Töpferhandwerk besuchten wir einen betagteren Palmenfarmer, welcher gerade mit seiner Frau (?) in einer riesigen Schüssel karamellisierten Palmzucker rührte. Mit kleinen zu Stäbchen zugeschnittenen Palmenblättern strichen sie durch den flüssigen Zucker und reichten uns diese mit den Worten 'namnam'. Den fehlenden Zähnen und dem daneben sitzendem wohlgenährten Buben nach zu urteilen, muss es äußerst gut schmecken. Wir probierten und waren sehr angetan. Mich erinnerte es ein wenig an die früher sehr verbreiteten Muh-Muh Bonbons, nur deutlich weniger süß. Ein Mädchen sprang ebenfalls herum und holte sich ebenfalls regelmäßig eine weitere Portion von dem Zucker. Vanny erklärte uns, wie der Zucker gewonnen wird und wofür die Palmen sonst noch verwendet werden. Mit den Blättern werden teilweise Wände von einfachen Hütten verkleidet, die Früchte kann man wachsen lassen und auslöffeln, oder einfach einen Palm Whiskey (Schnaps) damit brennen. Für den Zucker werden zunächst männliche und weibliche Knospen/Blüten geerntet. Dafür muss der Bauer auf einfachen Bambusleitern die Palme hochklettern. Die männlichen Blüten geben circa 500 ml Saft, die weiblichen bis zu 1l, also sind wieder Mal die Frauen besser, wie Vanny mit einem spitzen Grinsen erzählt. Diese werden dann mehrfach gequetscht und für einen Tag verkehrt in Bambusrohre gesteckt, wo der langsam austropfende Saft aufgegangen wird. Ob tatsächlich weibliche Knospen gesammelt werden, wird abgewogen. Sie geben zwar viel mehr Saft, aber wenn man sie reifen lässt auch leckere Früchte und Aussaat für weitere Palmen. Nach den Erklärungen und dem Verkosten von Frucht und Wein wurde ich kurzerhand zum Palmfarmer umgezogen und Lisbeth durfte auch traditionell geben.


Die letzte Station vor der Mittagspause war wieder Mal ein moderner Tempel, dessen Stufen wir in der Mittagssonne hochsteigen durften. Dafür wurden wir mit einer tollen Aussicht belohnt, welche heute allerdings aufgrund des noch ganz ganz leichten Nebels nicht so weit reichte. Normalerweise sollten wir hier den Tonle Sap sehen, also den ganz großen Binnensee in der Mitte des Landes. Übrigens haben wir diesen See mittlerweile einmal komplett umrundet, aber dabei kein einziges Mal gesehen.


Da Lisbeth sich nicht ganz fit fühlte und mit Übelkeit, Bauch- und Kopfschmerzen kämpfte, verbrachten wir unsere dreistündige Mittagspause im Hostelzimmer.


Gut ausgeruht wurden wir am Nachmittag zum Bootssteg gefahren und wurden bereits von einer feilschenden Bootsdame empfangen. Wie üblich musste kurz ein halbwegs fairer Preis erkämpft werden und dann bekamen wir Rettungswesten in die Hand gedrückt und durften das kleine motorbetriebene Boot besteigen. Die Tour sollte zwei Stunden dauern und führte zu den schwimmenden Dörfern entlang des Flusses. Eines davon war von Vietnamesen, das andere von den Khmer. Unterschiede konnten wir allerdings nicht wirklich erkennen. Die Menschen leben hier in Hütten, welche im Fluss schwimmen und sich damit auch an den jeweiligen Wasserstand anpassen. Gebaut werden sie auf Floßen und teilweise kommen als zusätzliche Stütze auch ausrangierte Boote zum Einsatz. Es gibt hier einige abgesteckte Bereiche für die Fischzucht, einen Hühnerstall und fast jedes Haus hat auch Hunde und/oder Katze als Haustier. Die älteren bewegen sich mit teils motorisierten Booten fort und die jüngeren auch mit Händen paddelnd in kleinen aufgeschnittenen Kunststofffässerhälften. Abwässer werden natürlich direkt in den Fluss geleitet und gewaschen wird sich offenbar auch teilweise mit dem Flusswasser. Auf Luxus wie Strom müssen die Menschen hier übrigens ebenfalls nicht verzichten, denn die meisten haben eine Photovoltaikanlage und man hört gelegentlich einen Radio oder Fernseher laufen. Nahrungsmittel und Alltagsbedarf werden ganz angenehm von mehreren schwimmenden Händlern direkt mit dem Boot zum Kunden gebracht. Auch liebevoll gepflegte Blumen sind hier keine Seltenheit.


Während die Sonne langsam unterging, wurden wir wieder zurück zum Steg gebracht und wurden leider nicht von Vanny erwartet.. der schickte aber nach 20min eine Vertretung, welcher meinte, dass Vanny schon wieder beschäftigt ist. Netterweise wurden wir zum etwas außerhalb liegenden Seahorse BBQ gefahren, das unseren heiß begehrten Hotpot anbietet. Das Bestellen gestaltete sich nicht ganz einfach, da niemand englisch sprach und die Karte ebenfalls nur auf Khmer vorlag. Letztlich haben wir es aber geschafft und uns wurde vermutlich aus Mitleid eine Angestellte zur Seite gestellt, welche unseren Grill bediente und routiniert sämtliche Zutaten nacheinander auflegte und in die Suppe gab. Wurde der perfekte Garpunkt erreicht, so bekamen wir die Portionen direkt auf den Teller. Rundumbetreuung also, welche nur durch Lisbeth's bedenklich warme Stirn getrübt wurde.


Der Rückweg ins Hostel war etwas länger aber unproblematisch. Die Nacht dafür relativ schlaflos, da es Lisbeth gar nicht mehr gut ging. Glücklicherweise haben wir die erste Möglichkeit gebucht, mit der es morgen nach Phnom Penh geht und wir nutzten bereits die Zeit um zu recherchieren, welche empfehlenswerten Ärzte es gibt und ob diese auch Ordination haben (am Wochenende ab Samstagnachmittag gar nicht so einfach). Vermutlich werden wir dann auch erstmal in Phnom Penh bleiben bis es wieder besser geht. Toi toi.


-- Gregor



PS: Das war alles am 27.12. Am 28.12 waren wir beim Arzt und der konnte beruhigen. Zwischenzeitlich ist der 29.12 vormittags und wir sitzen bereits im Van nach Kratie. Weitere Infos gibt es dann in den Posts der kommenden Tage