Und es ging wieder los. Erneut um 8 holte uns Mr. Vuth vom Hotel und startete diesmal mit uns auf die große Tempelrunde (inklusive Erweiterung zum Banteay Srei und Banteay Sarem). Nach den üblichen Ticketkontrollen an jeder Straßenecke durften wir uns dem ersten Tempel, Pre Rup nähern. Dieser ist in der Angkor Gegend mit dem (östlichen) Mebon einer der ältesten Tempel (aus dem 10. Jhd. und hinduistisch) und noch aus Ziegeln anstatt Steinquadern gebaut.

Pre Rup ist besonders deshalb interessant, weil er als Krematorium funktionierte. Der Name bedeutet sogar "Wenden des Körpers". Zur fachgerechten Lagerung der Überbleibsel wurden die verbliebenen Knöchelchen zusammengesammelt, in Kokossaft gewaschen und in einen der vielen Türmchen gelagert. 


Der nächste Tempel Banteay Srei lag etwas außerhalb, etwa 30 km von den Angkor Tempeln entfernt. In unserem Reiseführer wird er als Juwel beschrieben und das ist er auch. Ebenfalls aus dem 10. Jahrhundert (Pre-Angkor) hatten die Erbauer noch die volle Auswahl beim Sandstein und Gendergerecht die "Zitadelle der Frauen" in pinkem Sandstein erbaut. Wirklich besonders ist aber die außergewöhnlich detailreiche Reliefarbeit. Jeder Türstock, jede Säule, jede Wand ist mit hinduistischen Reliefs bedeckt.

Ein weiteres Qualitätszeichen ist die Tiefe der Darstellungen, die nicht mehr flächig, sondern eher wie Skulpturen wirken. Wirklich toll. Leider ist der Tempel trotz seiner Lage sehr beliebt bei den Touristen, weshalb sich eine kleine Stadt aus Marktständen rundherum aufgebaut hat. Nachdem wir diese aber erfolgreich ohne Einkauf überquert hatten, brachte uns Mr. Vuth zum nächsten Tempel: Banteay Samre.


Banteay Samre wiederum ist aus der Angkor Zeit und dementsprechend von Suryavarman II als hinduistischer Tempel erbaut. In der quadratischen Grundstruktur ist alles sehr dicht gefüllt mit Erkern, Ecken, "Bibliotheken" (ein gern genutzter Begriff für jedes Gebäude, dessen expliziter Sinn noch nicht entdeckt wurde) und Scheintüren. Wir sind freudig über Stufe und Stein gehüpft und haben uns, da schon Mittagszeit, einen ungesunden Snack gegönnt. Gregor sogar ein Cola mit Kaffeegeschmack (eklig) inklusive professionellem Fotoshooting meinerseits. Das hat er übrigens schon seit Kampot mitgeschleppt. Komischer Typ.

Nächster Stop: östlicher Mebon. Wie schon oben erwähnt ist dieser in Zusammenhang mit Pre Rup zu sehen. Nur dass im Mebon das Begräbnis stattfand, der aufgebahrte Royal dann in einer Prozession zum Krematorium getragen wurde und der Rest.... Wissen wir schon. Da der Tempel mal in einem überfluteten Gebiet lag, ist er auch gleich mal 4m höher gelegen und hat auf allen 4 Seiten kleine Anleger. Außerdem kann man laut Mr. Vuth noch immer den damaligen Wasserstand an der Außenmauer sehen. In den inneren Ebenen sind vor allem die schönen Löwen- und Elefantenstatuen zu erwähnen, die alle Ecken und Eingänge flanieren. Auffallend sind auch die vielen Löcher, die jedes Gebäude des Tempels bedecken und einen Schweizer Käse Vibe abgeben: hier waren früher Stuck Verzierungen angebracht. Aufgrund seines Alters ist dies erneut ein hinduistischer Tempel.


Ta Som, diesmal ein buddhistischer post-Angkor Tempel von Jayavarman VII aus dem 12. Jhd, bedeutet übersetzt Vorfahre Som und war seiner ersten Frau gewidmet. Begrüßt wurden wir von den typischen Buddha Gesichtern in alle vier Himmelsrichtungen am westlichen Eingangstor. Das östliche ist dabei noch von einer Würgefeige gekrönt und ein beliebter Fotoshootingplatz für Instagrammer. Wir konnten fast nicht mehr ohne Photobombe zu unserem Tuktuk zurückkehren.


Mal was anderes war der nächste Halt, Neak Pean, situiert auf einer kleine Insel inmitten des nördlichen Barays (Wasserbecken). Früher war es eine religiöse Heilanstalt und heute besteht es noch aus einem großen Wasserbecken in der Mitte in dessen Zentrum sich ein Turm mit Abbildern des Königs Jayavarman VII erhebt. Früher wohl ein hinduistisches Bauwerk, wurde es kurzerhand von ihm 'buddhisiert'. Leider nicht sichtbar waren 4 Wasserhähne in jeder Himmelsrichtung, die das Wasser aus dem großen Becken in 4 kleinere leiteten. Sie sollen anscheinend wie 4 verschiedene Köpfe geformt sein und die 4 Elemente darstellen: im Osten ein Menschenkopf für Erde, im Süden ein Löwenkopf für Feuer, im Westen ein Pferdekopf für Luft und schlussendlich im Norden ein Elefantenkopf für Wasser. Praktischer Nebeneffekt: das Wasser konnte als Heilmethode gleich auf den Kopf eines Patienten geschüttet werden. All in one.


Der letzte Tempel war der Lieblingstempel von Mr. Vuth. Preah Khan heißt so viel wie "Heiliges Schwert" und war während dem Bau von Angkor Thom anscheinend die Übergangshauptstadt von Jayavarman VII. Natürlich wurde damals dann auch das heilige Reichsschwert dort verwahrt, daher der Name. Gewidmet ist der buddhistische Tempel der zweiten Frau des Königs, Indra Devi, deren Klugheit zum Bau der ersten kambodschanischen Universität inspirierte. Über tausend Lehrer wirkten dort damals und laut unserem Reiseführer wurden pro Tag 10 Tonnen Reis angeliefert. Heute ist da aber wesentlich weniger los. Erwähnenswert ist auch das einzige zweistöckige Gebäude in den ganzen Tempelanlagen. Und eine Halle der Tänzerinnen, die von oben bis unten überall mit Reliefs und Verzierungen von Apsara Tänzerinnen verziert ist. Auch interessant: der Nachfolger Jayavarman VIII war nicht so der Buddhismus Fan, sondern anscheinend dem Hinduismus zugeneigt. Das äußerte sich im Auftrag, buddhistische Reliefs und Statuen zu hinduisieren (man sieht hier bewährte Methoden, die katholische Kirche hat das mit den heidnischen Bräuchen nicht anders gemacht). Also wurden Buddha Darstellungen einfach die Beine verdreht (aus dem buddhistischen Lotussitz wurde ein Schneidersitz) und ein Spitzbart angemalt. Finde ich sehr kreativ, das hat auch Parallelen zu Wahlplakaten.


Danach sind wir nur noch zu unserem Hotel gebracht worden, wo wir morgens ausgecheckt haben, und zu unsrem neuen Hotel (Villa Wat Damnak) gestiefelt. Wir hoffen auf besseren Kaffee und sinnvollere Frühstückskombinationen als beim Letzten. Die Mitarbeiter sind jedenfalls schon sehr viel aufmerksamer und mich haben sie mit einem In-house Spaangebot gleich bezirzt. Ich hoffe, bei unseren vollen Tagesprogrammen findet sich mal Zeit für ein/zwei Behandlungen.

Nach einem schnellen Bezug des Zimmers sind wir noch zum Khmer Grill Restaurant (sehr leckere geräucherte Melanzane mit Huhn) und dann noch zu einem Schattentheater. Auch hier wieder pure Begeisterung, ich habe Tränen gelacht als die Performer plötzlich in passenden Outfits zu ihren Schattenfiguren vor den Vorhang traten und Impro-mäßig das Publikum einbanden.

Wir durften sogar selbst noch Hand anlegen und die schwere Kunst des Schattenspiels ausprobieren. Auch die indischstämmige Besitzerin bereichert noch unseren Abend mit nützlichen Tipps und tollen Hintergrundinfos zur "Bamboostage". Danach ging es aber endlich ins Bett.


-Elli