Um 5:00 morgens klingelte der Wecker. Für unseren Kayakttrip mussten wir noch packen. Was soll wirklich mit? Erwarten uns Gelsen, dass sich der Himmel verdunkelt? Lauert bei jedem Schritt eine Armada von ausgehungerten Blutegeln? Brennt die Sonne mehrere Stunden senkrecht auf unsere Schultern? Laufen wir Gefahr Mal im Wasser zu landen? Brauchen wir Schwimmhosen, weil es irgendwo einen Badeplatz gibt wo man quasi rein muss? Dementsprechend prall gefüllt waren die Rucksäcke als wir pünktlich (Lisbeth) bzw. mit 2 min Verspätung (ich) um 5:30 vor'm Hotel standen. Lee, ein ausgewanderter Brite, holte uns pünktlich mit seinem Auto ab und entführte uns zu seinem Haus in ländlicherer Gegend. Später erfuhren wir, dass er die Zeit um COVID nutzte um das Haus zu bauen (sehr schön dort) und regelmäßig Monitor Lizards durch den wilden Teil seines Gartens spazieren. Wir wurden dort von seiner Frau Lek mit frischem Kuchen (in rauen Mengen) und Kaffee empfangen und wurden umfassend über den Ablauf des Tages informiert.

Mittlerweile war auch die Sonne aufgegangen und mit dem Zweitauto ging es zum "Hafen". In diesem Fall war das ein Nebenarm, der auch bei Ebbe ein paar Zentimeter Wasser führt. Zwei Kayaks hatte Lee dabei. Eines davon war für mich und Lisbeth. Er nutzte auf dem zweiten den freien Platz für Transportkisten mit Essen und Trinkwasser. Das Wasser hier war ziemlich schmutzig, aber das besserte sich nach ein paar Minuten Fahrt. Wir erreichten bald einen Mangrovenwald und ließen uns durch die sehr langsame Strömung fast lautlos durchtreiben. Anfangs sahen wir nur ein paar wenige Vögel (Kingfisher, Reiher), später eine Gruppe wilder Makaken, die sich in den Bäumen aufhielten. Abseits von den Tieren hörte man das Blubbern von austretenden Gasen aus dem nahrhaften Boden und das Plätschern des Wassers, wenn es auf die Wurzeln der Mangroven trifft. Hier war noch eine relativ breite Schneise, in welcher wir ohne Hindernis durchpaddeln konnten. Irgendwann bog Lee in einen der schmaleren Nebenarme ab und wir erreichten einen schönen einsamen Sandstrand wo wir ein paar Minuten Pause machen und mit Kuchen gefüttert wurden. Diesen Strand hat er selber erst vor wenigen Wochen entdeckt und war sichtlich stolz drauf. Auch zum Baden wäre es hier wunderschön gewesen, aber wir sind beide nicht die extremen Wasserfüchse. Danach ging es weiter in den Karst-Canyon. Lee erzählte, dass es in der Hauptsaison teilweise Schlangenbildung gibt, wenn man mit einem der größeren Anbieter dort ist. Er startet auch deshalb etwas früher und versucht pünktlich zur Flut im Canyon zu sein. Die hohen Karstwände links und rechts sind beeindruckend. Ganz grob scheint es sich wohl so gebildet zu haben: der Kalkstein hat sich aus den Schalen von diversen Meerestieren über 100e Millionen Jahren gebildet. Diese Schicht war über hundert Meter dick und durch tektonische Plattenbewegung bekam diese Schicht immer wieder Risse und wurde ständig bewegt. Wasser von Meer und Regen höhlt das Gestein stetig aus, bis der Stein durchgefressen ist und irgendwo bricht. Und heutzutage sind diese Klüfte groß genug, dass man zwischen den fast senkrechten Karstwänden mit dem Kayak gemütlich durchtreiben kann. An allen Stellen wo Pflanzen halt finden, wächst auch was: Mangroven, Palmen, Bäume, Kakteen oder irgendwas anderes. Und rund um diese Karstlandschaft haben sich auch Mangrovenwälder gebildet. Das durchkommen hier ist schon ein bisserl schwieriger und man muss tatsächlich das Kayak ein bisserl lenken können. Wir haben durch die vergangenen Urlaube schon ein bisserl Übung und es war hier wirklich nicht sehr anspruchsvoll. Trotzdem touchierten wir hier und da Mal zart eine Mangrovenwurzel.


Mittlerweile waren wir auch nicht mehr alleine unterwegs. Eine kleine Gruppe ließen wir überholen, nachdem der Guide "Sweet home Alabama" und "Country roads" - beides in extended version - durch den Wald pfiff. Die andere Gruppe bestand aus gut einem Dutzend Kayaks und war glücklicherweise in die Gegenrichtung unterwegs und etwas später kreuzte noch eine weitere Gruppe unseren Weg, in welcher je Kayak ein Thai die Belegschaft durch den Canyon paddelte. Wir konnten uns mit unserer Tour also wirklich glücklich schätzen. Wir begegneten noch einem sehr jungen monitor lizard, bevor wir in einer einsamen Bucht Pause machten. Laut Lee gab es hier bisher nur Spuren von Affen und einmal sogar einer Bobcat (so die Vermutung). Es war circa 11:00 als wir wieder gefüttert wurden: Lek hat uns Reis mit einer Gemüsemischung inkl. Cashewnüssen vorbereitet. Danach wurde noch eine Drachenfrucht sowie eine Mango serviert. Und Kuchen vom Frühstück gab es auch noch. Gut gestärkt ging es dann am Ufer entlang zielstrebig zurück zum Hafen. 45min Nonstop Paddeln in der prallen Mittagssonne wurde mit der Zeit doch richtig anstrengend, vorallem, wenn man immer wieder Touristen sieht, die von einem Tourguide herumkutschiert werden. Zum Glück konnten wir uns zumindest manchmal kurz abwechseln. Lek erwartete uns schon. Wir verluden noch die Kayaks und dann ging es wieder in Richtung Unterkunft, wo wir am frühen Nachmittag ankamen. Die Tour war übrigens um die 10km lang. Lee meinte, die anderen machen eher nur 3km.


Unsere weiteren Pläne haben wir dann erstmal auf Eis gelegt. Etwas geschafft machten wir frisch geduscht einen Mittagsschlaf und da es dann schon 15:00 war, entschieden wir uns für eine kleine Erkundungstour per pedes ins nahe Shopping Center und später gingen wir noch an die Riverfront in ein gehobeneres Gasthaus. Gehoben zeichnet sich im südostasiatischen Raum meist dadurch aus, dass die Gerichte überteuert sind, der Service bizarr (während man durch's Menü blättert, wartet jemand am Tisch bis man bestellt hat; Bier wird schluckweise ausgeschenkt und sobald ein Schluck fehlt kommt jemand und schüttet den Schuck nach, ..), irgendwo jemand tüdelt (in diesem Fall wurde Musik eingespielt aber ein Bläser war vorort und ergänzte das Playback) und es hinter den Kulissen trotz allem Schein doch einfach asiatisch ist. Am Ende wird meist versucht asiatisch so zu kochen wie Asiaten denken, dass Europäer es gerne hätten. Wahrscheinlich ist diese Vorstellung nicht ganz richtig und zusätzlich können sie nicht europäisch asiatisch kochen, wodurch meist die Einheimischenlokale deutlich bessere Küche haben als die vermeintlich gehobenen. Jedenfalls waren wir am frühen Abend schon wieder zurück im Hotel um die nächsten Tage ein bisserl vor zu planen.


Ausbeute des Tages: Viele Eindrücke, 2m Stoff, drei T-Shirts und Lisbeth hat einen leichten Sonnenbrand.



-G-