Die Nacht war durchwachsen mit wiederkehrenden 10minütigen Orchestern der indigenen Hahnenschar, die sich wie eine Welle durch das Dorf fortpflanzten, bis auch der letzte Hahn seine Chance zum Mitkrähen genutzt hatte. Dann endete das hysterische Gekrächze, bis eine halbe Stunde später der nächste Solist ein Konzert einberief.

Hunde nahmen sich laut Gregor auch ein Beispiel an der Praxis, aber das weckte mich anscheinend weniger.

Trotz der nächtlichen Störgeräusche konnte ich immer wieder ein paar Stunden überraschend gut schlafen, auch wenn die Kälte mich anscheinend zum (unterbewussten) Deckendiebstahl bewegte und mein Magen den Alkohol des Vorabends nicht komplett widerstandslos verdauen wollte.

Ab 7 Uhr waren wir restlos wach und bereiteten unsere Abreise vor. Um 8:30 bekamen wir von Wood ein exzellentes thailändisches Frühstück serviert, Omelett auf Reis, dessen Anblick mir jedoch trotzdem den Magen umdrehte. Egal, runter damit, ich brauchte die Energie heute.

San hatte uns heute schon in der früh verlassen, weil er das nächste Pärchen fürs Trekking abholte, daher gingen wir mit Wood und einem neuen Begleiter los. Wir sahen gleich am Anfang den Anbau von Sesam und Tee, danach kam die erste Steigung. Es war sehr schwül, mein Magen drückte und ich war noch nicht wirklich auf Betriebstemperatur. Gregor ging es gut, obwohl er auch ein bisschen ein Rumpeln im Magen verspürte. Im Laufe der weiteren Stunden wurden meine Magenschmerzen stärker und stärker, inzwischen bemerkte auch Wood, dass ich heute nicht in Topform war. Ich warf mir Iberogast Tropfen ein in der Hoffnung, dass ich damit meinen Magen beruhigen konnte und Wood änderte den Weg ab, dass wir weniger Strecke und Höhenmeter machen mussten. Immer wieder wurde mir ein Wanderstock geschnitzt aus Bambus angeboten, aber ich war schon genug mit meinen Wehwehchen beschäftigt und wollte nicht noch was zusätzliches tragen. Nach einer erneuten Pause zog sich Gregor etwas langärmliges als Schutz vor den Mücken an und Wood informierte uns, dass wir jetzt einen Abschnitt gehen würden, der sehr viel Aussicht hätte, dadurch aber auch sehr in der Sonne läge. Also rüstete ich auch mit einem dünnen langärmligen Sonnenschutz auf.

Bis zu unserem Stopp fürs Mittagessen wanderten wir in der gleißenden Sonne auf staubigen, aber breiten Wegen und konnten in alle Richtungen die hügelige Landschaft bewundern. Große Teile davon waren mit Feldern für alle möglichen Erzeugnisse bedeckt, viel Mais, Kokosnusspalmen, Bergreis und Ananas. Manchmal zog eine Rauchschwade in den Himmel, ein Zeichen, dass ein Feld gerade abgebrannt wurde, damit es so gereinigt bald wieder mit etwas neuem bepflanzt werden konnte. Bei einem einfachen Unterstand zum Rasten von den Bauern angekommen, machten wir hier unseren Stopp und ich warf mir eine Rcalm gegen die Übelkeit ein. Während Gregor Wood meine Verdauungsprobleme zu erklären versuchte (Fructosemalabsorption), bereitete der zusätzliche Guide das Mittagessen auf einem Lagerfeuer in Bambusrohren vor und ich rastete bei wunderschöner Aussicht mit einem kühlen Lüftchen und probierte meinen Magen zu beruhigen.

Vom Mittagessen wollte ich nichts, aber Gregor konnte das leckere gegrillte Fleisch mit sticky Reis und gedämpfter Melanzani genießen.

Auch unsere Guides aßen mit, verfeinerten aber jeden Bissen mit Chilipulver, in dem sie ihre Portion vor dem Kauen wälzten.

Ich fühlte mich nach der Pause etwas stabiler, nahm aber diesmal den angebotenen Bambuswanderstock an und unsere Wanderung ging weiter. Stundenlang spazierten wir im erbarmungslosen Sonnenschein und immer wieder ging es mir plötzlich schlechter. Nach einer Überspringung eines kleinen Baches hatte ich es anscheinend übertrieben, denn mein Frühstück lag mir jetzt nicht mehr im Magen, sondern am Straßenrand. Wood war besorgt, Gregor genauso. Wir machten wieder eine zusätzliche Pause für mich, aber nach dem Gewichtsverlust ging es mir wieder besser. Die nächste Steigung verlangte mit aber wieder zu viel ab und mir wurde schwindelig, sodass Gregor mir nun meinen Rucksack abnahm. Weiter ging es, das Dorf, in dem wir abgeholt werden sollten, war nur mehr eine halbe Stunde entfernt. Auf halben Weg nach einem für mich besonders steilem Stück wurde mir jedoch wieder schwindelig, ich konnte nicht mehr stehen bleiben und musste mich an den Wegesrand setzen. Währenddessen organisierte Wood mit unserem Fahrer, dass er uns nun schon von hier abholen würde, damit ich nicht noch weiter laufen müsste. Gregor und auch ich vermuteten, dass ich mir zusätzlich zu meinen Verdauungsproblemen noch einen Sonnenstich eingefangen hatte und ich versuchte daher etwas mehr Wasser zu mir zu nehmen. Als uns Wood jedoch zur Wendestelle für das Songtaew 50m weiter bringen wollte, mutierte ich zum Wasserspeier und wurde alles wieder los. Den letzten Programmpunkt des Tages, die heißen Quellen wollte ich mir trotzdem nicht nehmen lassen, unter anderem weil sie nur 5 Minuten mit dem Auto entfernt waren und mir eine kurze Fahrt lieber war als die 40 Minuten zurück in die Landeshauptstadt. Also wurden wir eingeladen, inklusive der Wanderstöcke, Guides und Rucksäcke.

Bei der heißen Quelle angekommen bekamen wir eine kurze Einführung von Wood, er bezahlte unseren Eintritt und wir machten fleißig Fotos von der 87°C heißen Quelle.

Umgeben von Schwefeldunst bereiteten Gregor und ich uns auf unser Badeerlebnis vor, während eine Katze mit ihren Babies am Eingang zum Pool wachte. Wir konnten den großen überdachten Pool ganz alleine genießen, keine Menschensseele ließ sich blicken und so dümpelten wir alleine vor uns hin.

Mir ging es etwas besser, ich war vor allem erleichtert die größte Anstrengung hinter mir zu haben und mich ausruhen zu können. Nach ca. einer halben Stunde fühlte ich mich ausreichend durchgekocht, Gregor dokumentierte noch den Pool und die hiesige Babykatzenschar und wir kehrten zurück zu unseren Guides und Fahrern.

Die Rückfahrt war relativ unspektakulär, ich versuchte jegliche Übelkeit im Keim zu ersticken, Gregor beschäftigte sich mit seinem Handy und unsere Guides hielten ein Nickerchen.

Bei unserem Hotel angekommen verabschiedeten wir uns und ich versicherte Wood, dass es mir trotz meiner Beschwerden sehr gut gefallen hatte. Gregor regelte das finanzielle und dann bezogen wir unser neues Zimmer.

Während ich für ein paar Stunden ausfiel und versuchte mich wieder zu erholen (inzwischen hatte ich eine leicht erhöhte Temperatur, aber noch kein Fieber), lieferte Gregor unseren letzten Dreckwäschesack des Urlaubs bei einer Wäscherei unserer Wahl ab und besorgte mir eine extra große Flasche Cola, vll auch etwas aus Eigennutz.

Ich ließ mich von ihm überreden den nebenan gelegenen Flowerpark zu besuchen, notfalls könnte ich ja sofort ins Hotel zurück, wenn es mir nicht gut ging. Dort angekommen wurde uns jedoch bewusst, dass wohl erst die Vorbereitungszeit war, überall werkelten Arbeiter an den metallenen Konstruktionen in Form von gigantischen Kutschen, Pilzen oder Gießenkannen. Wir brachen daher unseren Besuch ab, das waren halt die Nachteile einer Reise in der Nebensaison. Weil es fast schon 7 Uhr war, hasteten wir zum Uhrturm der Stadt, den ich schon am Tag unserer Ankunft in Chiang Rai besichtigt hatte. Zu jeder vollen Stunde sollte dort eine Lasershow mit Musik stattfinden, wir fanden jedoch nur einen Uhrturm, der in wechselnden Farben angestrahlt wurde. Gregor hatte inzwischen wieder Appetit, bei mir drehte sich beim Gedanken an Essen jedoch der Magen um. Also trennen sich unsere Wege, Gregor machte sich zum gleichen indischen Restaurant auf, das ich ohne ihn besucht hatte, und ich ging zurück zur Unterkunft. Gregor kam danach direkt wieder zum Hotel und wir ließen den Tag für uns enden.


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